Signaturen

"Mit dem Medium E-Mail umzugehen, scheint manchmal nicht ganz einfach zu sein" - normalerweise denkt man bei diesem Satz an bunte E-Mails mit Hintergrundbild und in wunderbar kaputtem OjE-HTML. Weit gefehlt, denn es geht noch besser:

Der Tropfen zum Überlauf

Ein Virenscanner schreibt folgenden Text unter jede bearbeitete Mail:

This email and any files transmitted with it are confidential and intended solely for the use of the individual or entity to whom they are addressed. If you have received this email in error please notify the system manager.

Da ich nicht ganz nachvollziehen kann, wie ich als normaler Benutzer eines sauber eingerichteten Mailsystems an eine Mail kommen soll, die nicht an mich adressiert ist, relativiert sich der gesamte Text (denn dann kann ich die Mail nicht versehentlich erhalten haben, schließlich ist sie ja an mich adressiert gewesen...). Übersetzt man "addressed" nicht im Sinne der echten Adressierung sondern eher in Hinblick auf den beabsichtigten Empfängerkreis, kann man dem Empfänger doch wohl keinen Vorwurf oder gar ernst zu nehmende Vorschriften machen, da der Absender definitiv gepennt hat (den richtigen Empfänger sollte man bei geheimen Informationen schon eintragen können - ein Empfänger solcher Mails sollte auch seine Adresse korrekt angeben können). Denkt man an ein so kaputtes Mailsystem, dass irgendjemand die Mails eines anderen bekommt, hilft ein Hinweis an den Sysadmin vermutlich auch nicht so wirklich (naja, einen Versuch ist es wert, was auch immer ich dem eigentlich sagen soll... "ich habe eine geheime Mail bekommen, die nicht für mich ist"?), was zudem das Problem der jetzt bei irgendjemandem im Klartext vorliegenden geheimen Mail ja auch nicht löst. Hat jemand wissentlich und willentlich diese Mail abgefangen oder andersartig unbefugt Zugang zu ihr erlangt, wird er sich den Footer ansehen und herzlich lachen.

Die Alternative

Diese E-Mail enthält vertrauliche und/oder rechtlich geschützte Informationen. Wenn Sie nicht der richtige Adressat sind oder diese E-Mail irrtümlich erhalten haben, informieren Sie bitte sofort den Absender und vernichten Sie diese Mail. Das unerlaubte Kopieren sowie die unbefugte Weitergabe dieser Mail ist nicht gestattet.

Nehmen wir diesen Text auseinander (der ja immerhin besser ist als der des ersten Beispiels): Erstens schickt mir irgendjemand vertrauliche Informationen (die natürlich oberhalb des Footers im Klartext zu lesen sind, was man ja auch tut, da zumindest in Deutschland in der Regel von oben nach unten gelesen wird), die zweitens nicht für mich sind (woran auch immer ich das erkennen soll - wenn nicht an der Empfängeradresse, die ja offensichtlich meine sein wird, da ich die Mail ja sonst nicht bekommen hätte... manchmal sagt´s einem weder der Inhalt noch die Anrede), die ich drittens nicht kopieren (also darf ich die Mail nicht in zweiter Ausführung haben - oder ist das Lesen der Mail nicht auch schon eine Kopie, bei der sich der Inhalt in das Gedächtnis des Lesers kopiert?) und viertens nicht weitergeben (was ja quasi fast analog zum Kopieren ist) darf - was sogar generell gilt und nicht nur dann, wenn ich nicht zu den Adressaten gehöre.

Freundlich, aber eigentlich...

Diese Nachricht, einschliesslich anhaengender Dateien, ist persoenlich und kann vertraulich sein. Wenn Sie diese Nachricht irrtuemlich erhalten, benachrichtigen Sie bitte den Absender und loeschen Sie bitte die Originalnachricht und alle Kopien. Sie sollten die Nachricht ohne die Zustimmung des Absenders weder ganz noch teilweise kopieren, weiterleiten oder sonstwie weiterverbreiten.

Dieser Text ist zwar sehr nett formuliert (zu nett; kann jemand Vorteile aus den empfangenen Informationen erlangen, wird er auf das Betteln nicht achten), fußt aber wieder auf der kaum sinnvollen "irrtümlich erhalten"-Grundlage und erläutert Dinge, die sich eigentlich von selbst verstehen sollten: Fremde Post liest man nicht - schon gar nicht verwendet man sie weiter, kopiert sie oder sonstwas. Den Unterschied zwischen "persönlich" und "vertraulich" kann ich nicht ganz finden, denn eMail-Kommunikation ist in meinen Augen immer entweder für exakt einen Adressaten (und niemand anderen, von daher erübrigt sich der Hinweis) oder für viele bestimmt - wobei eine Mail dann auch einen Hinweis darauf enthalten sollte, an wen sie denn nun alles ging.

Vollkommen unsinnig

Der Inhalt dieser E-Mail ist vertraulich und ausschließlich für den bezeichneten Adressaten bestimmt. Wenn Sie nicht der vorgesehene Adressat dieser E-Mail oder dessen Vertreter sein sollten, so beachten Sie bitte, dass jede Form der Kenntnisnahme, Veröffentlichung, Vervielfältigung, Speicherung oder Weitergabe oder des Inhalts dieser E-Mail unzulässig ist.

Aha. Da verschickt jemand unverschlüsselt eine vertrauliche Mail an den wo auch immer bezeichneten Adressaten (für mich steht der im RCPT TO, aber das kann der Absender ja anders sehen), die aber bei mir ankommt. Wenn ich nicht der Adressat bin, dann darf ich nichteinmal Kenntnis vom Inhalt nehmen, soll aber den Disclaimer beachten. Vielleicht schickt man die Mail gleich verschlüsselt an den richtigen Empfänger und spart sich so einen Dummfug?

Fazit

Man sollte sich überlegen, ob man wirklich und unbedingt mit dermaßen unsinnigen Footern Bandbreite und Traffic verschwenden muss, da geheime Information entweder für unbefugte oder ungewollte Empfänger z.B. durch ausreichend starke Verschlüsselung uninteressant zu machen ist (dann macht ein Klartext-Footer halbwegs Sinn) und der Versender, wenn es um ach so geheime oder geschützte Informationen geht, gefälligst darauf zu achten hat, wem er da was schickt (einmal davon abgesehen, dass eine E-Mail so offen wie eine Postkarte ist; Irrläufer würden z.B. auch im Klartext beim Postmaster landen - dieser darf aber sowieso nichts lesen und weitergeben... und wenn er´s doch tut, wird ihm der Footer auch reichlich egal sein). Ansonsten habe zumindest ich als Empfänger einer Mail mit einem solchen Footer immer wieder das Gefühl, dass mich der Absender irgendwie veralbern will - denn ich will nicht, dass "geheime" oder private Informationen, die eigentlich für mich sein sollten, in fremde Hände gelangen - egal, ob dann noch Verhaltenshinweise dabei sind oder ob nicht.
Mit Verlaub also: Ein solcher Footer ist kein Schutz sondern eine Lächerlichkeit sondergleichen, da der Absender die Folgen seiner eigenen Dusseligkeit auf den Empfänger abzuwälzen versucht - und das kann schon vom Grundsatz her nicht klappen.

Warum diese Seite...

... weil das zweite Beispiel unter einer UBE (Unsolicited Bulk Email, nicht angeforderte Massenmail) stand und man so blöde doch eigentlich nun wirklich nicht mehr sein kann. Es fehlt nur noch, dass man den Mist gleich von einem Virus bzw. Wurm geschickt bekommt - mit dem Text:

encrypted message attached - double click to decrypt
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This email and any files transmitted...
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